\( \newcommand{\Frac}[2]{\displaystyle\frac{#1}{#2}} \)

Intuition zum Kuhn-Tucker-Formalismus (1)

Anhand eines Produktionsproblems über zwei Zeitperioden soll die Intuition vermittelt werden, wie der Kuhn-Tucker-Formalismus auf den Lagrange-Formalismus aufbaut und wie man entscheidet, welche der Nebenbedingungen im Optimum bindend sind.

Beispiel 3

Betrachte ein Unternehmen, das ein nicht lagerfähiges Gut in zwei aufeinanderfolgenden Zeitperioden erzeugt. Die variablen Produktionskosten sind konstant EUR 10,- pro produzierter Einheit. Mit \(x_1\) und \(x_2\) bezeichnen wir die Produktionsmenge in den Perioden 1 und 2. Die inverse Nachfrage in den beiden Perioden ist gegeben durch

\(\begin{array}{rcl} p_1 &=& 100-1.5x_1,\\ p_2 &=& 50-2x_2. \end{array}\)

Während der Produktion sind Emissionen unvermeidbar. Gesetzliche Beschränkungen erlauben maximal 33 Einheiten zu erzeugen (Summe von \(x_1\) und \(x_2\)). Kapazitätsbeschränkungen bewirken, dass in jeder Periode maximal 28 Einheiten produziert werden können. Der Zeitwert des Geldes ist gleich 0. Betrachte das folgende Beispiel aus der Lehrveranstaltung.

  1. Bestimme die optimale Produktionsentscheidung \(x_1\) und \(x_2\), welche den Gesamtgewinn des Unternehmens maximiert.
  2. Interpretiere das Ergebnis. Was kann man aus der Größenordnung der Lagrange-Multiplikatoren ablesen?
  3. Angenommen, die Emissionsbeschränkung wird aufgehoben. Stattdessen wird eine Emissionssteuer von EUR 12 pro produzierter Einheit eingehoben. Was ist nun die optimale Produktionsentscheidung?

Punkt a)

  • Zuerst ermitteln wir die zu maximierende Zielfunktion, die Gewinnfunktion, aus der Angabe.
  • Dann werden die Optimalitätsbedingungen 1. Ordnung, die Kuhn-Tucker Bedingungen, aufgestellt. Die Lösung dieses Systems aus (Un-) Gleichungen ist nicht in einem Schritt möglich, da nicht von vornherein klar ist, welche der Nebenbedingungen im Optimum bindend sind bzw. ob die optimalen Produktionsmengen an der Nicht-Negativitätsbeschränkung anstoßen oder nicht.
  • Kandidaten für eine Gesamtlösung, welche die Optimalitätsbedingungen 1. Ordnung erfüllen, werden mit Hilfe der entsprechenden Bedingungen 2. Ordnung getestet, ob sie (lokale) Maxima sind.
  • Eine ausführliche Behandlung des Problems mit Hilfe des Kuhn-Tucker Formalismus finden Sie hier: Schrittweise Ermittlung der optimalen Produktionsentscheidung, Punkt a).
  • Als gewinnoptimale Lösung wird die Produktionsentscheidung \(x_1^*=26\) und \(x_2^*=7\) bestimmt. Der maximal mögliche Gesamtgewinn ist \(G(x_1^*,x_2^*)\). Nur die Nebenbedingung, welche die Gesamtproduktion auf maximal 33 Einheiten beschränkt, ist im Optimum bindend, der zugehörige Lagrange-Multiplikator ist \(\lambda_1=12\). Die Lagrange-Multiplikatoren der beiden anderen Nebenbedingungen (Kapazitätsbeschränkungen) sind folglich gleich 0.

Punkt b)

  • Die Lagrange-Multiplikatoren zu Nebenbedingungen können als Schattenpreise interpretiert werden. Ein Schattenpreis von 12 für die erste Nebenbedingung (Gesamtproduktion maximal 33 Einheiten) bedeutet, dass eine marginale Änderung der Restriktion auf \(33 + dp\) Einheiten, den optimalen Zielfunktionswert um \(12 dp \) ändern würde.
  • Eine ausführliche Diskussion des Punktes b) finden Sie hier: Was kann man aus der Größe der Lagrange-Multiplikatoren ablesen? Punkt b).

Punkt c)

  • Diese Frage soll die Interpretation des Lagrange Multiplikators als Schattenpreis weiter vertiefen.
  • Im Optimum ist nur die erste Nebenbedingung bindend, der zugehörige Lagrange Multiplikator ist gleich 12 EUR/Einheit.
  • Ersetzt man die Nebenbedingung 1 durch einen Preis, sodass genau 12 EUR pro erzeugter Einheit als Kosten anfallen, dann führt das zu exakt derselben optimalen Produktionsentscheidung wie mit vorhandener Nebenbedingung!
  • Die Produktionsentscheidung lässt sich also durch zwei äquivalente Mechanismen induzieren:
    • Die Beschränkung der Gesamtproduktion auf die gewünschte Menge
    • Die Bepreisung der Produktion mit dem zugehörigen Schattenpreis
  • Eine ausführliche Diskussion des Punktes c) finden Sie hier: Emissionssteuer ersetzt die Beschränkung. Punkt c).